Bad Godesberger Innenstadt Neuer Wohnraum rund um die City-Terrassen

Bad Godesberg · Das Altstadtcenter war ein Kind seiner Zeit. Für den Komplex musste die Godesberger Altstadt weichen. Jetzt wird wieder gebaut und gerungen: Die Markuskapelle steht vor dem Abriss, die Möbel-Franz-Baustelle vor der Fertigstellung.

 Blick von oben auf die City-Terrassen: Das Plateau wird in einen öffentlichen Platz und private Terrassen unterteilt.

Blick von oben auf die City-Terrassen: Das Plateau wird in einen öffentlichen Platz und private Terrassen unterteilt.

Foto: Ronald Friese

„Bürger von Godesberg, schaut auf Eure Stadt. Rettet ein letztes Stück Altes Godesberg. Rettet die Markuskapelle.“ Mit viel Pathos ruft Juppi Schaefer zusammen mit seiner Wählervereinigung „Die Godesberger“ zurzeit zu regelmäßigen Mahnwachen vor der alten Markuskapelle an der Burgstraße auf, die Platz machen soll für einen neuen katholischen Kindergarten und Mehrgenerationenwohnungen. Nur wenige Meter weiter ist die Godesberger Innenstadt bereits im Umbau: Die ehemals öde Betonfassade von „Möbel Franz“ hat Fenster und eine helle Verkleidung bekommen. Ende Juli soll das Plateau der City-Terrassen fertig sein.

Juppi Schaefer verteidigt unterdessen weiter die Markuskapelle. „In Godesberg hat man nun wirklich schon genug abgerissen, das muss endlich aufhören! Es geht um das Gesicht unserer Stadt.“ Zu diesem Gesicht gehörte einst die Burgstraße, eine der ältesten Godesberger Straßen und zusammen mit der Koblenzer Straße vor dem Krieg die größte Godesberger Geschäftsstraße. „Die Burgstraße war die alte Dorfstraße geblieben, krumm und eng und mit meist einfachen und kleineren Gebäuden“, erinnert sich Martin Ammermüller, Vorsitzender des Heimatvereins.

Die ungeliebte Altstadtsanierung der 1960er Jahre veränderte alles. Hauptachse der Altstadtsanierung war die Burgstraße. Von ihr ausgehend erfolgten auf einem Areal von 24 Hektar die Baumaßnahmen in alle Himmelsrichtungen. Abgeschlossen war diese Sanierung im Prinzip erst mit der Neu-bebauung des Markusstifts an der Pfarrer-Minartz-Straße im Jahr 1990.

Bereits zehn Jahre zuvor, im Herbst 1980, hatte Oberbürgermeister Hans Daniels das sogenannte Altstadtcenter eröffnet. „Ein Bau, der jahrzehntelang polarisierte“, wie Architekt Nikolaus Decker sagt. „Dieser wegen seiner Monumentalität heftig umstrittene Komplex lagert sich vor den Burgberg und riegelt die Burgstraße vom Theaterplatz ab beziehungsweise tunnelt die Burgstraße in diesem Bereich ein, sodass die Burgstraße ihren Geschäftscharakter endgültig verloren hat“, konstatiert Ammermüller. Der Versuch, mit dem Altstadtcenter auch die Einzelhandelsfläche der Innenstadt zu erweitern, scheiterte. „Wenn hier jemand überhaupt Miete zahlte, dann vielleicht 2,50 Euro für den Quadratmeter. Das war eine Katastrophe“, berichtet Peter Brockhaus, Geschäftsführer der Berliner FFire Immobilienverwaltung, die die City-Terrassen vor drei Jahren erwarb. „Es war eine Kopfgeburt des Architekten Böhm, dass hier Einzelhandel funktionieren würde“, sagt Brockhaus.

Sein Unternehmen versteht sich als Feuerwehr, als Retter für Immobilien, die Probleme haben. Die Lösung des Problems: Es werden Wohnungen geschaffen. Zu den bestehenden 81 Wohnungen kommen jetzt durch die Nutzung ehemaliger Einzelhandelsflächen 55 neue hinzu. Die Größen betragen 65 bis 200 Quadratmeter, zu Mietpreisen von neun Euro für den Quadratmeter. Grünanlagen vor den Parterrewohnungen bestimmen demnächst die Atmosphäre auf dem Plateau, „das früher ein Struktur- und Kriminalitätsproblem hatte. Es gab hier zu viele Ecken, die der Sozialkontrolle entzogen waren“, meint Architekt Helmut Rübsamen, der für FFire die Umwandlung des Areals durchführt.

Vom Fortgang der Umwandlung der City-Terrassen in ein neues innerstädtisches Wohnquartier konnten sich die Teilnehmer einer Veranstaltung der Volkshochschule Bonn und des Bundes Deutscher Architekten überzeugen. Unter ihnen auch die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Hillevi Burmester, selbst auch Architektin: „Die Erinnerung an die Altstadt ist in Godesberg sehr präsent“, sagte sie. „Heute würde man ganz anders an ein solches Projekt rangehen.“ „Wohl wahr“, ergänzte Rübsamen, „der Komplex ist ein Kind seiner Zeit.“

Der Vater dieses Kindes, der bekannte Architekt Gottfried Böhm, stand Veränderungen kritisch gegenüber. „Doch jetzt haben wir den bestmöglichen Kompromiss erreicht, der breit getragen wird. Hier wird sich ein schönes Quartier entwickeln“, ist Rübsamen überzeugt.

Allerdings: „Die Rampe bleibt so, die ist sakrosankt“, sagt Peter Brockhaus. Die Rolltreppe, die sowieso nur selten funktionierte, kommt weg, die Außenterrasse des italienischen Restaurants Valtellina soll erweitert werden. „Jeder Mieter kommt aber über Aufzüge in seine Wohnung“, so Brockhaus. Nach dem bereits erfolgten Umbau von Rewe stellt sich allenfalls die sogenannte „Handelsfläche II“ über dem Lebensmittelmarkt mit 600 Quadratmetern noch als Sorgenkind dar. Aber auch da ist Brockhaus optimistisch: „Rewe hat eine starke Frequenz. Das kriegen wir vermietet.“ Zufrieden sind die Eigentümer auch mit der Akzeptanz der Tiefgaragen.

Bis Ende Juli sollen die neuen Wohnungen und die Neugestaltung des Plateaus abgeschlossen sein. Für die komplette „Durchsanierung“ sind nach Angaben von Rübsamen noch ein bis zwei Jahre veranschlagt. Fazit: So viel Optimismus war nie. Die Folge: Die Entscheidung, die City-Terrassen voraussichtlich für mindestens zehn Jahre im eigenen Bestand zu halten, ist bereits getroffen. Aus den 35 Millionen Euro, von denen ursprünglich die Rede war, sind mittlerweile 41 Millionen Euro geworden, die in die Neugestaltung der City-Terrassen fließen.

Quasi parallel dazu verlaufen die Arbeiten auf der anderen Seite der Burgstraße im ehemaligen Möbel- Franz-Gebäude. Fast 20 Jahre nach dem Aus für den Möbelhändler, dubiosen Investoren und vielen Verzögerungen scheint auch hier ein Happy End unmittelbar bevorzustehen. Zurzeit ist der Bauherr mit dem Innenausbau der insgesamt acht Lofts beschäftigt, die bereits zum Verkauf stehen.

„Im Herbst werden alle Wohnungen fertig sein“, bestätigt Architekt Martin Haupt. Neben den acht Lofts mit großen Fensterfronten und Deckenhöhen von drei Metern soll auch das Ladenlokal im Erdgeschoss vermietet oder verkauft werden. Dort stehen rund 260 Quadratmeter plus Keller mit 700 Quadratmetern zur Verfügung. Ende 2000 hatte Werner Henk dort nach sieben Jahrzehnten sein Fahrradgeschäft geschlossen und war in den Ruhestand gegangen.

Die Altstadtsanierung brachte auch für den alteingesessenen Godesberger, dessen Vater Toni Henk bereits 1931 in der Burgstraße 17 ein Fahrradgeschäft nebst Reparaturwerksstätte eröffnet hatte, viele böse Überraschungen. Die Burgstraße wurde acht Meter breiter als bisher. Da der Eigentümer des Hauses Burgstraße 44 an die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) verkauft hatte, waren der weitere Verbleib von Geschäft und Werkstatt unsicher.

„Die LEG riss möglichst schnell nach dem Verkauf die Häuser ab, um vollendete Tatsachen zu schaffen“, so Martin Ammermüller. 1976 gelang Henk ein Nutzungstausch mit dem Möbelhaus, das sich über den gesamten Komplex ausdehnte. Er zog mit seinem Geschäft an den Anfang des Wohn- und Geschäftsblocks. Damit lag das Geschäft im Blickfeld des Theaterplatzes, doch leider setzte das wenige Jahre später errichtete Altstadtcenter dem einen Riegel vor. Zu den Plänen, ihm gegenüber die Markuskapelle abzureißen und die Baulücke zu schließen, sagt Werner Henk: „Wir werden sehen, wie's wird.“ Der Umbau in der Innenstadt geht weiter.

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